Ich flog trotzdem nach Kuala Lumpur, besuchte Singapur, lernte damals eine junge Chinesin kennen und verbrachte mit ihr zauberhafte Tage, da sich mein Brieffreund als Workoholic herausstellte, der weder Lust noch Zeit hatte mich auf meinen Erkundungsfahrten zu begleiten. Mit jener Chinesin verbindet mich noch heute eine über Email und Briefe erhaltene Freundschaft und die Erlebnisse von damals haben meinen Blickwinkel für fremde Kulturen geöffnet.
Fast ein bisserl provokant könnte man die Art und Weise benennen, in der meine Großmutter aufgeschlagene Zeitungen liegen ließ, in denen von Mord und Vergewaltigung an jungen Frauen zu lesen war, die sich nächtens allein durch die finsteren Gassen bewegen. Sonderbarer Weise lagen jene Zeitungen immer dann auf dem, natürlich mit Spitzendeckerln bedeckten, Tisch wenn sie in Erfahrung gebracht hatte, dass ich nach einem Ball recht spät nach Hause gekommen war.
Ich habe trotz allem diese Bälle weiter besucht, habe rauschende Nächte in Walzerseeligkeit erlebt, meinen Mann kennengelernt und bin, nach Aussage meiner Großmutter endlich unter die Haube gekommen ohne Schaden an Köper und Geist zu erleiden.
Unzählige Male bin ich an der Seite meines Mannes mit dem Mercedes nach Italien gereist, trotzdem man ja gerade mit so einem Auto nicht in dieses Land reisen soll, da die Gefahr auf einmal ohne Auto dazustehen unendlich groß ist. Man soll auch um Gottes willen keine größere Mengen Bargeld mit sich führen, denn sonst wacht man doch eines Morgens auf und bemerkt dass man tot ist.
Meines Bargeldes wurde ich während einer Reise nie beraubt, jedoch in meinem Heim und von meinem Mercedes habe ich mich in Budapest verabschieden müssen, denn er stand wahrscheinlich auf der Wunschliste eines Diebes.
Spätestens jetzt werden Sie sich, als geneigter Leser meiner Kolumne, fragen warum ich Ihnen dies alles erzähle.
Lassen Sie es mich bitte mit Worten des österreichischen Schauspielers, Sängers, Dramatikers und vor allem Satirikers Johann Nestroy beginnen. In der Posse Lumpazivagabundus gibt es ein Couplet mit dem Text
Da wird einem halt angst und bang,
Die Welt steht auf kein' Fall mehr lang, lang, lang
Die Welt steht auf kein´ Fall mehr lang
Johann Nestroy lebte und wirkte von 1801 bis 1862 und schaffte es in unnachahmlicher Weise den Wienern einen Spiegel vors Gesicht zu halten und durch Verzerrung und Übertreibung den wahren Kern eines Gedankens aufleuchten zu lassen.
Auch in der heutigen Zeit werden wir mit teilweise überzogenen und vor allem jedoch mit Panik machenden Meldungen bombadiert. Der wissenschaftlich erforschte Kollaps unseres Klimas, die drohende Invasion von Arbeitssuchenden durch die Osterweiterung, stagnierende Wirtschaft, steigende Arbeitslosigkeit, die gefährliche Verschiebung der Erdplatten, die latente Gefahr von Vulkanausbrüchen, die steigende Kriminalität, die von Aggressionen behaftete Jugend, oder die Lauschangriffe des großen Bruders der unser Privatleben über das Internet aufspürt.
Ich will und vor allem kann mich nicht zu den Ausführungen über den Klimawandel äußern, nur muss ich halt immer wieder schmunzeln, dass sich bei allen wissenschaftlichen Analysen die Gelehrten noch immer nicht einig sind, ob unsere Autos, oder die pupsenden Kühe schuld an den Veränderungen sind. Irgendwie schleicht sich bei mir halt so der Gedanke ein, dass, abhängig davon wer der Auftraggeber einer Studie ist, auch die Ergebnisse ausfallen. Die Mobilität der Arbeitssuchenden haben wir bewundernd in Amerika beobachtet, sind jetzt jedoch beleidigt, dass dieser Trend auch Europa erreicht hat, die Bewegung der Kontinente, die Erruptionen und Implusionen unserer Erde hat es schon immer gegeben, Menschenleben gekostet, Chaos und Leid verursacht und doch ist die Bevölkerungszahl auf dem höchsten Stand seit dem Bestehen unserer Erde.
Die Berichte über mordende, wild um sich schießende, drogensüchtige und arbeitsscheue Jugendliche werden uns fast tagtäglich frei Haus serviert. Ich habe jedoch meinen Glauben an die Jugend von heute nie verloren. Ich habe junge Menschen kennengelernt die mit Eifer ihr Studium betreiben, über ihre Erfahrungen in der Schule berichten und nur kopfschüttelnd verneinen, wenn ich frage ob solche Vorkommnisse gang und gäbe seien in Deutschland. Aber, dass über Einzelfälle zu berichten sicher gewinnbringender für einen Medienkonzern sind ist mir auch klar.
Und was ist wirklich dran an den Lauschangriffen und Überwachungen?
Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn die Strasse in der ich wohne videoüberwacht werden würde. Ich habe nichts zu verbergen. Ich lebe ein normales Leben, gehe Einkaufen und zum Baden, erwarte Freunde mit denen ich keinen Terrorüberfall plane, sondern den nächsten Ausflug in die Berge, oder spiele mit dem Hund unseres Nachbarn. Nur, ich könnte mir sehr wohl vorstellen, dass es Einbrecher oder Diebe abschrecken würde sich in unser Gebiet vorzuwagen.
Meine täglichen Ausflüge ins Internet, was ja laut letzten Berichten ausgesprochen gefährlich ist, kann man ruhig auch beobachten. Nur gebe ich zu bedenken, dass wahrscheinlich die Hälfte unserer Erdbevölkerung damit beschäftigt wäre die tägliche Emailflut einer genauen Kontrolle zu unterziehen.
Ich jedenfalls habe mich weder von meinen Eltern aufhalten lassen die Welt zu erkunden, noch von meiner Großmutter die großartigen Bälle in der Wiener Hofburg zu genießen, oder die Reisen nach Italien in einem bequemen Auto. Genauso wenig lasse ich mir die Freude nehmen Kontakt über das Internet mit fremden Menschen zu knüpfen und mich vor lauter Angst was doch alles passieren könnte in meiner Freiheit beschränken.
Ich möchte noch einmal Johann Nestroy zitieren
„Wenn alle Stricke reißen, häng ich mich auf, aber auch erst dann“.
Dieser Meinung ist auch Eure
sehr ergebene Wienerin
Irene-Christine Graf

wenn alles Stricke reissen nehm ich ein Faedchen
?Wenn alle Stricke reißen, häng ich mich auf, aber auch erst dann?.
... das laß ich mir doch genüßlichst auf der Zunge zergehn
muchas gracias .... emmi