Nie werde ich die Szene vergessen als ich, meiner jugoslawischen Putzfrau beim Frühjahrsputz helfend, auf der Leiter saß und mir beim Abstauben der Bücherwand ein langvergessenes Buch in die Hände gefallen war, in dem ich ein wenig schmökerte. „Du Chefin, nix lesen, musst putzen, sonst nix wird ma fertig“ schimpfte sie mit mir und fuhrwerkte mit dem Staubsauger resolut weiter durch das Haus.
Ich liebte diese junge Frau, die ich im Alter von 19 Jahren bei mir aufgenommen hatte und die 17 Jahre, bis zu meinem Umzug hierher, in meinem Haushalt tätig war. Ohne wirkliche Schulbildung war sie nach Wien gekommen, aber wiss- und lernbegierig war sie gewesen. Sie hatte die deutsche Sprache erlernt ohne je einen Lehrer zu haben, konnte sich jedoch bald mit mir über die alltäglichen Dinge des Lebens in dem typischen Jugo-Deutsch (Du wissen; ich machen; er sagen) unterhalten und erläuterte mir später sehr wohl die politische Situation in Serbien. Und doch traf sie sich nach der Arbeit nur mit ihren jugoslawischen Freundinnen, schaute sich über Satellitenprogramm heimische Fernsehfilme an und kaufte, für sie gewohnte, Produkte beim Jugoslawen an der Ecke. Kochte mit Hingabe ihre Nationalspeisen, trankt schon mal einen Slibowitz anstatt eines „Obstlers“ und die ohrenbetäubend aus dem Lautsprecher sprudelnde Musik klang für uns halt schon sehr fremd. Sie benahm sich halt wie eine der vielen, von uns Österreichern oft verurteilten, Ausländer und ich verstand lange Zeit nicht, warum sie es, trotz ihrer natürlichen Intelligenz, nicht schaffte in der Wiener Gesellschaft Fuß zu fassen.
Aber wir, wir sind ja anders. Wir sind ja auch wesentlich gebildeter als die Canarios, haben wenigstens eine Fremdsprache bereits in der Schule gelernt und sind diesem primitiven Menschschlag ja haushoch überlegen.
Mi nombre es Mayer“ – „mi segundo nombre es Hugo“ „?cómo es tu nombre?” “estoy Alemano”
Hätte doch der Herr Mayer gar nicht dazusagen müssen, dass er Deutscher ist, denn für den spanischen Wortgebrauch klingt das eher wie „Ich Tarzan – Du Jane“, da der „nombre“ zwar der Vorname ist, der Familienname jedoch mit „apellido“ übersetzt wird und das „estoy“ richtiger Weise mit „soy“ zu ersetzen wäre.
„... eine Frechheit was dieser deutsche Supermarkt für Preise hat“ .
Warum zahlen Sie eigentlich im deutsch geführten Supermarkt noch immer 1,24 Euro für den Liter Milch, wo der spanische Laden das Produkt um 89 Centimos anbietet? Können Sie dort die Produktbeschreibungen vielleicht besser lesen?
Sich über eine Völkergruppe erhaben zu fühlen, ist schon Fehlverhalten genug, doch zu glauben, dass man selbst klüger, als z.B. diese ungebildeten Canarios, ist, kann man nur als Dummheit bezeichnen.
Wir haben vor geraumer Zeit sehr nette Spanier kennen gelernt und ich wollte, der österreichischen Sitte entsprechend, die beiden mit den Worten „Le invitaría alegre en mi cama” in mein Haus einladen. Don Vicente sagte freudig zu und seine Gattin lachte Gott sei Dank auch, denn ich hatte die Beiden in mein Bett eingeladen, weil “cama” und “casa” halt sehr ähnlich klingen.
Meine jugoslawische Putzfrau konnte mehr Deutsch als ich zur Zeit Spanisch. Sie wusste vielleicht nicht wer Dali ist, oder wann Friedrich Schiller gelebt hat, aber sie konnte mit mir schimpfen, wenn ich, in ein Buch versunken, Zeit und Raum vergaß.
Sich überlegen fühlen zu können, heißt alles etwas besser zu können als andere und mehr zu wissen als der, an dem man sich misst und spätestens dann wird man drauf kommen, dass es das Wort “Überlegenheit” nicht gibt
meint Eure Wienerin
Irene-Christine Graf
P.S.: Ich habe übrigens meine Spanischstudien wieder aufgnommen um wenigstens mit dem Bildungsniveau meiner jugoslawischen Putzfrau Schritt halten zu können.
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Keine Ankündigung bisher.
Überlegenheit
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Erstellt von:
Die Wienerin
- Veröffentlicht: 30.08.2007, 07:06
- 7 Kommentare
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was Du hast, und den meisten Deutschen und Österreichern fehlt (ich bin Österreicher in Deutschland wohnhaft) ist die ehrliche Herzensgüte, und die ist wichtiger wie Bildung. Mit Bildung bezeichnet man einen Wissensstand, der aber von Land zu Land unterschiedlich ist. Ich komme einmal pro Jahr nach Teneriffa zum Bergwandern und habe die Musikgruppe Rodriguez aus Tejina kennengelernt, und die sind allesamt freundlich und auf ihre Weise gebildet. Wenn man meint, man ist gebildeter wie irgend andere Volksgruppen, ist man eingebildet. Das kann ich von mir nicht sagen, in den 25x wo ich in Teneriffa war, ist es mir nicht gelungen, spanisch zu lernen. Nur für das Essen langt's und ich kann fragen: comastas und bin nicht überrascht wenns dann heisst: muy bienne (da werden auch Rechtschreibfehler drinnen sein)
Alles Gute, Heribert
du schreibst mir wieder einmal aus dem tiefsten...
ja - so ist es, aber wir bekommen doch auch seit dem ersten tag, den wir in die schule gehen, von allen seiten gesagt, bildung ist das höchste - mit dem ergebnis, dass manch einer schon den banknachbarn bei schlechteren schulischen leistungen für dumm hält und sich für was besseres. und viele verwechseln bis ins hohen alter bildungsstand mit intelligenz und haben die ?weisheit? mit löffeln gefressen - entschuldigt das harte wort.
vielen dank
yane
Manche Menschen sind eingebildet weil sie denken sie waeren klueger als andere und sehen vor lauter Arroganz gar nicht das Leben.
Ich danke Dir fuer den Bericht, treffender haette er nicht sein koennen.
Deine juguslawische Perle war bestimmt gluecklich.
Mir sind nette lustige Menschen lieber als eingebildete Egoisten
werden wir akzeptiert wie wir sind.
LG - Die Wienerin
wobei ich hier auf teneriffa in der tat eigentlich immer diese erfahrung gemacht habe. auf tobago z.b. sah es völlig anders aus.
Lebensgefühl und Intelligenz haben nichts mit Bildung zu tun, die ist eh überall anders und entsteht aus der Entwicklung und den Sitten des Landes.
Toleranz und Akzeptanz ist was wir lernen sollten. Weil wenn wir immer Recht hätten wären wir dann Gott??