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Strandgut

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  • Strandgut

    Die meisten von ihnen kommen, in fast unüberschaubaren Massen aus den Flugzeugen quellend, die Wärme und Erholung suchend, verweilen, wie die Wellen des Meeres nur kurze Zeit an den Ufern des Strandes um nach spätestens drei Wochen zurückzukehren in die Anonymität ferner Länder. Sie hinterlassen wertvolle Einkünfte für die Region, jede Menge Dreck und manchmal ein flüchtiges Lächeln welches sie uns schenkten, weil man am Nebentisch des Restaurants gesessen war. Sie fragen woher man kommt, weil man ja unverkennbar weder Spanier noch Canario ist, schütteln ungläubig den Kopf dass man hier auf dieser Insel leben kann, wo man doch noch gar nicht so alt ist. Und bei manchen von ihnen regt sich so etwas wie Neid.

    Viele von ihnen kommen, den nasskalten Tagen ihrer Heimat entfliehend, um sich den Traum von dem Platz an der Sonne zu erfüllen. Sie kaufen oder mieten Häuser oder Appartements, bevölkern die sorgsam gepflegten Poolanlagen, präsentieren ihre ultrabraungebrannte Haut beim nachmittäglichen Kaffee an der Promenade, lesen die hier erhältliche Bildzeitung und diskutieren über das Tagesgeschehen ihrer Heimatländer. Sie beglückwünschen sich gegenseitig, weil man von dem Vorgänger das Haus doch zu einem wirklichen Schnäppchenpreis bekommen hat, vergessen, dass die Preise für eine Wohneinheit meist nur für einen Ausländer so teuer sind und beschweren sich bitter über die unverschämten Preise im Supermarkt. Sie besuchen die Strandanlagen, empfinden irgendwann einmal das Wasser als zu kalt, die Wellen zu hoch, die Steine zu steinig und folgen den schwärmerisch vorgetragenen Berichten von anderen um einen angeblich noch schöneren Platz an der Sonne zu ergattern. Sie suchen einen Käufer oder Nachmieter, versuchen ihn übers Ohr zu hauen, hinterlassen selten eine Lücke, manchmal jedoch unbezahlte Rechnungen.

    Einige werden angespült. Sie fliehen vor den drückenden Sorgen von unbezahlten Rechnungen an Finanzamt, Bank oder die Krankenkasse die ihr Leben in eine anscheinend ausweglose Sackgasse geführt haben. Sie träumen von einem Neubeginn, von einer einsamen Insel im Atlantik, von Temperaturen die Heizkostenrechnungen überflüssig machen und von Zigaretten- oder Benzinpreisen die nur mehr ein Bruchteil dessen sind, was man ja zu Hause zahlt. Sie stranden hier. Sie genießen es die wärmende Sonne auf der Haut zu verspüren, zahlen aus dem mehr oder minder noch gefüllten Geldbörsel die ja wirklich unbeschreiblichen billigen Preise in einheimischen Kneipen, leben in Hotels die ja durch das Pauschalarrangement des Reiseveranstalters noch bezahlt sind und freuen sich, dass der Tag ihres Auscheckens aus dem Hotel noch fern ist. Sie haben wenig gelernt, am wenigsten die spanische Sprache und spätestens wenn Mietverträge unterfertigt oder Meldezettel ausgefüllt werden müssen macht sich dieser Makel bemerkbar. Sie unterschreiben blind die, von einem findigen aber der spanischen Sprache ebenso wenig kundigen, Landsmann übersetzten Papiere, investieren ihr letztes Bares in dubiose Geschäfte, oder gar nicht vermiet- oder verkaufbare Objekte. Sie besinnen sich dessen, dass man nur mit Arbeit sein täglich Brot verdienen kann, verbrüdern sich mit Landleuten die mehr schlecht als recht ihr Leben fristen, bieten Arbeitstätigkeiten an von denen sie keine Ahnung haben, nehmen Anzahlungen für Arbeiten die sie nie durchführen können und verwenden dieses Geld um einem verheißungsvollen Typ eines Freundes zu folgen, der weiß wo das Schlaraffenland ist. Sie hinterlassen geprellte Mitbürger und Chaos und tauchen unter in dem Meer von Strandgut, dass bald darauf auf einem anderen Strand an Land gespült wird. Es weint ihnen keiner nach.

    Wenige jedoch haben sich in diese Insel verliebt. Sie folgten den, ewigen Frühjahr und sommerliche Temperaturen versprechenden, Reiseprospekten, besuchten die Insel, die Wärme und Erholung suchend, kamen wieder um ein wenig länger zu bleiben und beschlossen irgendeinmal einmal hier zu bleiben. Sie bauten oder renovierten Häuser, integrierten sich in die Nachbarschaft, waren an allem interessiert was diese Insel betraf und schlossen Freundschaften. Sie belebten diese Freundschaften mit Erzählungen von Erlebten oder Geplanten, brachten neue Erkenntnisse in das manchmal vielleicht etwas engstirnige eigene Gedankengut. Und oft folgt dann der Ruf der Realität. Hier ist es ein kranker Elternteil welcher der Nähe der Kinder bedarf, dort sind es berufliche Tätigkeiten welche die Anwesenheit vor Ort erfordern oder in vielen Fällen sind es gesundheitliche Probleme welche die Menschen vertreibt aus dem Paradies. Sie hinterlassen Lücken die kaum zu schließen sind und verlieren sich in der Gedankenwelt der Hiergebliebenen im unendlichen Meer der Ferne.

    Teneriffa ist eine Insel, umgeben von sich ewig bewegenden Wellen, die dem Gesetz von Ebbe und Flut folgend, seine Ufer umspülte, die Menschen einlädt zu verbleiben, sich jedoch den Gesetzen des Lebens unterwerfen muss und sie wieder hinausschickt an fremde Strände.

    Manchmal hinterlässt diese Bewegung des Kommen und Gehens tiefe Trauer in mir meint

    Eure nachdenkliche Wienerin
    Irene-Christine Graf


    .

    • faro
      #1
      faro kommentierte
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      meine hochachtung,sehr gut beobachtet und
      beschrieben.könnte von mir sein.
      muchos saludos

    • moeffe
      #2
      moeffe kommentierte
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      Super..... Du triffst in allen deinen Beiträgen die Sachen so exakt auf den Punkt, dass man oft garnicht weiss, was man der Sache noch hinzufügen könnte.....

      Ich würde mir niemals anmassen, dass das auch von mir sein könnte......

    • baiko
      #3
      baiko kommentierte
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      Super geschrieben. Meine Hochachtung

    • tenflor
      #4
      tenflor kommentierte
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      wie recht du hast

    • Santana
      #5
      Santana kommentierte
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      Wie immer hundert % treffend, ich liebe Deine Artikel.
      Das ist das wahre Leben

    • tallymann
      #6
      tallymann kommentierte
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      Zitat von moeffe Beitrag anzeigen
      Super..... Du triffst in allen deinen Beiträgen die Sachen so exakt auf den Punkt, dass man oft garnicht weiss, was man der Sache noch hinzufügen könnte.....
      Genau so geht es mir auch.
      Liebe Wienerin
      Deine Texte muss ich mir immer wieder mal durchlesen, damit Sie schlussendlich auch die Bedeutung bekommen die Ihr zustehen!
      Danke
      TALLY

    • Gast-Avatar
      #7
      Natascha kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Einfach grandios beschrieben!!!

      Natascha
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