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    #1

    Notizen von der anderen kleinen Insel

    Mal ein Off Topic, aber vielleicht von "internationalem Interesse":

    Sicher habt Ihr davon gehoert, dass ein australischer Radiosender einen Scherzanruf in dem Krankenhaus machte, in dem Princess Kate ihre Schwangerschafts-Uebelkeiten kurierte, die Moderatoren sich als Queen und Prince Charles ausgaben, nicht nur auf die Station durchgestellt wurden, sondern sogar ausfuehrlich ueber den Gesundheitszustand der Prinzessin informiert wurden.

    Die Krankenschwester, die den Anruf eigentlich nur deswegen entgegengenommen hatte, weil nachts die Rezeption nicht besetzt war, diesen dann aber lediglich weiterverbunden hatte, wurde tot im Krankenhaus aufgefunden. Vermutungen schlagen nun zwar hoch, aber es gibt derzeit noch keine offizielle Bestaetigung der Todesursache.

    Hier in England schlagen die Wellen hoch. Wenn das Aufsehen nur halb so hoch waere bei den Steuererhoehungen und Haushaltsmittelkuerzungen, die hier auf uns zukommen, dann wuerde das einem Volksaufstand gleichen.

    Der Chef der Radiostation hat sich (und so soll es zu allererst einmal wohl auch sein) schuetzend vor seine Moderatoren gestellt, auch wenn er sich mit der Erklaerung "Wir haben gegen keine Gesetze verstossen" hier nicht gerade Freunde gemacht hat. Nun gibt es auch eine Stellungnahme der Moderatoren, die eher scheinheilig wirkt ("Wenn wir das geahnt haetten...") als wirkliche Anteilnahme oder Betroffenheit auszudruecken.

    Auf jeden Fall hohe Wellen im Koenigreich, gipfelnd in der (nicht ernstgemeinten) Frage eines hiesigen Radiomoderatoren, ob wir nicht vielleicht Australien den Krieg erklaeren sollten.

    Wie dem auch immer sei, frage ich mal in die Runde, wie Ihr so etwas bewertet.

    Fuer meinen Teil denke ich, dass man schon mal darueber nachdenken sollte, wo der Spass und die Privatsphaere von Menschen anfaengt, bzw. aufhoert,
    Und in den absolut gleichen Topf fallen fuer mich Paparazzi, aber auch Sendungen wie "Verstehen Sie Spass?", wo Leute teilweise aufs Uebelste "auf die Schnauze fallen" und dem Volk kuenstlich vorgelacht wird, wo es lustig ist.

    Oder man denke an Gottschalk und den tragischen Unfall seines Wettgastes.

    Zu weit gegangen?

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    #2
    Hallo Jurgen,

    tja, ja, früher wäre es durchaus denkbar gewesen, wegen so etwas einen Krieg zu erklären. Da gab es doch mal eine gewisse Emser Depesche ... :-)

    Aber zu deinen Fragen, über die zu reden es sich lohnt:

    : ... dass man schon mal darueber nachdenken sollte, wo der Spass und die Privatsphaere von Menschen anfaengt, bzw. aufhoert,

    Das gibt es ganz klar Grenzen. Aber leider kann man die nicht in Regeln fassen, so dass vermeintliche oder tatsächliche Spaßmacher vorab lesen könnten, ob das, was sie da vorhaben, erlaubt ist oder nicht. Oder, selbst wenn es erlaubt ist, ob es dem "guten Geschmack" dient oder nicht Menschen verletzt. Das muss jeder, der so etwas vorhat, selbst abwägen. Wir, die wir das Produkt dann zu sehen bekommen, können ihm zustimmen oder es ablehnen. Letzteres nützt einem möglichen Opfer dann aber in der Regel nichts.

    : Und in den absolut gleichen Topf fallen fuer mich Paparazzi, aber auch Sendungen wie "Verstehen Sie Spass?"

    Bei Paprazzi sehe ich das genauso wie eben gesagt. "Verstehen sie Spaß" kenne ich nur teilweise. Ich sehe das nie 100 % zu, es läuft allenfalls, wenn ich am Computer arbeite, und das tue ich fast ständig, auf meinem TV, der daneben steht, wenn es nichts besseres im Fernsehen gibt.

    Vor 40 oder mehr Jahren, als Chris Howland eine solche Sendung erstmals in Deutschland machte, fand ich sie noch gut und habe alle geguckt. Er hatte tolle Ideen, sie waren schlicht, einfach, wenig aufwändig, aber sehr lustig und es wurde niemanden geschadet.

    Heutzutage sind die "Ideen", soweit ich sie mitbekommen habe, oft sehr weit her geholt, sehr künstlich, und sehr kompliziert installiert. Oft bezweifle ich, dass das "Opfer" wirklich uninformiert ist und nicht doch spielt.

    Unabhängig davon dürfen solche Szenen, falls das "Opfer" wirklich uninformiert war, nach meinem Wissen über den Rechtsstand aber nur mit seiner Zustimmung gezeigt werden. Das tritt dann ja auch in der Sendung selbst auf und äußert sich dazu.

    Ich erinnere mich an eine Sendung, in der Marcel Reich-Ranicki bei einer Autofahrt mit Hilfe von Nebelmaschinen eine Welt vorgegaukelt wurde, die er selbst als "kafkaesk" bezeichnete. Danach fand er sich (mitten in Bayern) an einer "norwegischen" Tankstelle wieder. Alle Texte auf norwegisch, die Preise und Hinweise auf den Tanksäulen, das Personal in norwegisch gemusterten Wollpullovern. :-) M.-Ranicki sah sich irritert um - dann brach der Film ab.

    In der Sendung trat er dann, anders als alle anderen "Opfer", nicht selbst auf, sondern ließ durch einen Sprecher erklären, er habe nie geglaubt, sich wirklich in Norwegen zu befnden, sondern das für eine Filmkulisse gehalten.

    Um aber auf den Anlass deiner Mail, den Tod der englischen Krankenschwester zu kommen:

    Ich habe mich fürchterlich geärgert, als ich auf dem Titel der "Bild"-Zeitung, die ja auch hier auf TF an vielen Orten öffentlich angeboten wird, "Selbstmorddrama um Kate" las.

    Natürlich wird Kate, besonders falls sie die Krankenschwester persönlich kannte, sich betroffen fühlen, und wird ihr die Frau leid tun. Aber sie kann nichts dafür, absolut nichts. Sie in diesem Zusammenhang zu nennen, ist eine typisch verabscheuungswürdige Bild-Sensationshascherei. Kate liest kein Bild, aber falls englische Zeitungen auch so reagiert haben sollten, macht man es ihr unnötig schwer. Da kann man nur hoffen, dass William und andere Berater das ihr aus dem Kopf austreiben.

    Zwischenbemerkung: Frauen werden in der emanzipatorischen Diskussion oft als "Gebärmaschinen" abwertend bezeichnet oder bestritten, dass sie welche seien. Aber das, was in GB und auch allen anderen Monarchien passiert, ist doch genau das. Bei aller Romantik und allem Mitfühlen mit Personen, die man persönlich gar nicht kennt, wo man aber den Eindruck hat, da haben sich zwei junge Menschen trotz aller Hof-Etikette mit Schmetterlingen im Bauch zueinander gefunden, so wie sich das auch jeder von uns wünscht und viele es schaffen. Aber trotzdem wird gerade hier die Frau als "Gebärmaschine" betrachtet. Sie hat, verdammt noch mal, einen Thronfolger zu bringen!

    Aber zurück zum eigentlichen Thema: Ein Titel wie "Selbstmorddrama durch Journalisten" wäre der Sache näher gekommen als "Selbstmorddrama um Kate". Ein solcher Titel ist aber für Bild undenkbar. Denn Gleiches und Ähnliches haben ihre Journalisten schon viele Male bewirkt.

    Trotzdem halte ich auch eine solche Titelzeile in diesem Fall für unangemessen, denn, Späße, Aprilscherze und andere Verhohnepipelungen von Menschen, hat es immer gegeben, schon lange vor der Zeit von Telefon, Radio und Fernsehen. Die Idee, die die australischen Journalisten da hatten ist, meine ich, ist voll akzeptabel. Sie haben nichts übermäßig Persönliches, nichts Intimes herausgelockt oder veröffentlicht. Anders war das vor Jahren, als Prinz Charles mit Camilla sowas wie "Cybersex" betrieb und das nach Abhören seines Telefons Wort für Wort in die Medien kam.

    Dass aber ein Mensch, weil er von Journalisten reingelegt wurde, Selbstmord begeht (bestätigt ist das ja noch nicht, scheint aber der Fall zu sein), war nicht voraussehbar. Wäre ich einer der Journalisten, würde ich mich betroffen fühlen, so wie es Kate, obwohl ebenfalls unschuldig, wohl auch tut. Es täte mir aber, da ich im Gegensatz zu Kate, der Täter bin, im Nachhinein leid, das getan zu haben, aber "hinterher" ist man bekanntlich immer schlauer. Deshalb täte es mir für diesen Fall weh, sehr weh, ganz besonders, wenn ich selbst mit der Frau gesprochen hätte.

    Aber eine "Schuld" der Journalisten sehe ich trotzdem nicht. Eine solche Reaktion war nicht voraussehbar und ist von der Frau unter völliger Verkennung der Situation erfolgt. Es war, krass gesagt, ihr Fehler, ihre Fehlentscheidung. Das die Journalisten sich nun "verstecken" müssen, ist deshalb bedauerlich.

    Nicht den Journalisten sollte man einen Vorwurf machen, sondern "die Öffentlichkeit" sich selbst. Weil sie wegen ihres Sensationsbedürfnisses nach solchen Informationen giert - dann aber, wenn deswegen ein Kind in den Brunnen gefallen ist, die Schuld bei anderen sucht - und findet. In diesem Fall halt bei den australischen Journalisten.

    Grüße
    Lothar

    PS
    Mir wird ja nicht selten vorgeworfen, "lange" Mails zu schreiben. Tut mir leid, dass dies wieder mal eine ist. Aber ich bin halt so. Wem das nicht passt, der muss sie ja nicht lesen, kann spätestens nach der dritten Zeile abbrechen. Aber jedenfalls sieht man hier erneut, dass "lange" Mails nicht meiner "Selbstdarstellung" dienen (was mir kürzlich vorgeworfen wurde), sondern dass ich immer so reagiere, wenn mich ein Thema packt und interessiert. Ich möchte dann nicht nur vordergründig oberflächlich sein, sondern Dinge hinterleuchten und meinen Standpunkt belegen. Und das geht nun mal leider nicht in fünf Zeilen.
    Zuletzt geändert von amante del sol; 11.12.2012, 01:25.

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      #3
      nur eine kurze Bemerkung dazu.....
      wenn man jeden Tag in der Presse + TV sehen und hören muss wie ganz England seit der Bekanntgabe der Schwangerschaft aus dem Häuschen ist ....im "Ausnahmezustand" da kommt mir das Kotzen!!
      Und es ist traurig daß sich eine Frau wegen einem "solchen Fehler" das Leben nimmt und ihre eigene Familie zurücklässt...

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        #4
        Nachtrag:

        Was mich eigentlich interessieren würde, ist, warum die Frau das getan hat.

        Befürchtete Sie, entlassen zu werden?

        Hatte sie Angst vor dem Öffentlichkeitssturm?
        Aber den hat sie, so schnell und hektisch wie sie gehandelt hat, doch kaum mitbekommen. Zudem richtet sich der ja wohl primär nicht gegen sie, sondern gegen die Presse im Allgemeinen und die betroffenen australischen Reporter im besonderen.

        Oder war sie eine so glühende Monarchstin, dass sie es nicht überwinden konnte, einer voraussichtlich künftigen Königsmutter das angetan zu haben?

        Leider wird man das wohl nicht erfahren. Einen Abschiedsbrief hat sie sicher nicht hinterlassen.

        Lothar

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          #5
          Zitat von amante del sol Beitrag anzeigen
          ......Nicht den Journalisten sollte man einen Vorwurf machen,......
          Doch, das sollte man m.E. sehr wohl.
          Denn im Grunde genommen haben sie eine Straftat begangen indem sie sich als Queen Elizabeth und Prince Charles ausgegeben haben, also zur Erlangung eines Vorteils eine falsche Identität vorgetäuscht haben. Dies offenbar so gut, dass die Krankenschwester sich hat täuschen lassen.

          Denn der Anruf geschah ja sicherlich nicht aus Sorge um den Gesundheitszustand von Princess Kate oder zum Spaß sondern aus Gier nach irgendwelchen Sensationsmeldungen oder zumindest Informationen, die der übrigen Journaille nicht zur Verfügung standen.

          Sicherlich haben sie die nun dramatischen Folgen nicht ahnen können, tragen aber m.E. nun zumindest eine moralische Schuld am Tod eines Menschen.




          .

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            #6
            Hallo,

            moralische Schuld ja. Deshalb schrieb ich ja "Es täte mir aber ... im Nachhinein leid, das getan zu haben."

            Aber "Straftat"? Die betroffene Zeitung streitet das ab. Nach deutschem Recht, in dem Punkt habe ich persönliche Erfahrung, ist die Vorgabe einer falschen Identität nicht strafbar, solange man das nicht tut, um sich unrechtmäßig etwas anzueignen oder eine Straftat zu verdecken.

            Dass ein Journalist sich Informationen "aneignet", ist aber sein Job. Es kommt natürlich im Einzelfall drauf an, wie intim oder vertraulich die Information ist, die da weitergegeben wird. Bei der erwähnten Telefonaffäre mit Prinz Charles war die Grenze überschritten, in diesem Fall aber sehe ich das noch als tolerabel an.

            Wie gesagt: Keine Straftat, moralisch verantwortlich aber durchaus. Als Hauptübeltäter sehe ich aber immer noch die Öffentlichkeit, die durch ihr gieriges Interesse an solchen Informationen Journalisten zu solchem Vorgehen verleitet.

            Grüße
            Lothar

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              #7
              Zitat von amante del sol Beitrag anzeigen
              Nachtrag:

              Was mich eigentlich interessieren würde, ist, warum die Frau das getan hat.

              Befürchtete Sie, entlassen zu werden?

              Hatte sie Angst vor dem Öffentlichkeitssturm?
              Aber den hat sie, so schnell und hektisch wie sie gehandelt hat, doch kaum mitbekommen. Zudem richtet sich der ja wohl primär nicht gegen sie, sondern gegen die Presse im Allgemeinen und die betroffenen australischen Reporter im besonderen.

              Oder war sie eine so glühende Monarchstin, dass sie es nicht überwinden konnte, einer voraussichtlich künftigen Königsmutter das angetan zu haben?

              Leider wird man das wohl nicht erfahren. Einen Abschiedsbrief hat sie sicher nicht hinterlassen.

              Lothar
              Das ist, wie ich im Eingangsbeitrag schon erwaehnte,alles noch Vermutung. Es gibt bislang keine Bestaetigung ueber die Todesursache, koennte also theoretisch auch ein Herzanfall gewesen sein.

              Und um es noch mal klarzustellen: diese Frau )uebrigens Mutter von zwei kleineren Kindern) hat den Anruf nur angenommen und dann weiterverbunden, also selbst keine Auskunft gegeben.

              Hochpeinlich auch fuer das Krankenhaus, das desoefteren damit wirbt, dass sich die Koenigliche Familie dort behandeln laesst.

              P.S.: Von welcher Zeitung redest Du, Lothar? Das war eine Rundfunkstation.
              Zuletzt geändert von Jurgen B; 11.12.2012, 19:42.

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