Aus dem Tagebuch einer Autorin
Der Tag der Lesung ist angebrochen und nachdem ich am Freitag keine Lust mehr hatte an meinem Konzept für die Lesung zu arbeiten, bin ich halt ein bisserl früher aufgestanden um es fertig zu stellen. Hatte das Problem, dass ich das Manuskript ja schon vor mehr als einem halben Jahr abgeschlossen hatte und mich erst wieder einlesen musste um die geeigneten Textstellen herauszusuchen.
Ich glaube, es war kurz vor 10 als das Telefon läutete und ein Ehepaar, mit dem ich fest gerechnet hatte, ihr Kommen absagte. Sie hätten eine lange Nacht hinter sich gebracht, meinten sie und würden den Nachmittag zum Ruhen brauchen. Na toll, aber ich kann´s nicht ändern.
Ungefähr eine Stunde später läutet das Telefon wieder, ein Ehepaar aus dem Süden will „nur auf einen Sprung“ bei uns vorbeikommen, da sie Nachmittag nicht zur Lesung kommen können, da ihre Katze krank sei und sie das Katzentier soeben in der Tierklinik besucht hätten. Meinen Einwand, dass ich jetzt kein Hirn dafür habe mich mit quälendem Smalltalk zu beschäftigen, lässt mein Mann nicht gelten. „Sie wollen zwei Bücher mit Widmung kaufen“ sagt er mir.
Sie kommen auf „einen Sprung“ vorbei, machen es sich auf der Terrasse gemütlich, erzählen mir die unendliche Geschichte ihrer Krankheiten und den dramatisierten Sonntagsroman über ihre Katze und wie „effauschiert“ sie über die Kommentare Dieter Bohlens bei irgendeiner Show sind. Nach einer Stunde ersuche ich sie zu gehen, da ich eigentlich noch etwas vorzubereiten habe.
Zwischenzeitlich ruft mich die Gattin des Forumsbetreibers an um mir zu erzählen, dass ihr Hund krank sei und sie deshalb nicht zur Lesung kommen können. Und ich – ich würde am liebsten alles hinschmeißen. Ich sehe mich schon allein in dem liebevoll hergerichteten Gastgarten, umgeben von unzähligen, wohl gefüllten Sektgläsern, die ich alle ganz allein trinken muss.
Mein Mann ist ganz still geworden, schleicht wie ein begossener Pudel durch das Haus und selbst auf meine Frage, ob er noch etwas essen möchte antwortet er nur einsilbig „nein“. Er fährt zu dem Lokal um nachzusehen, ob wenigstens dort alles vorbereitet sei, kommt zurück, etwas blass um die Nasenspitze, versichert mir jedoch dass im „La Pergola“ alles in Ordnung sei. Ich ersuche ihn, dass er seinen Zuckerwert messen möge, er tut es, kommt mit der Botschaft „na toll – 220“ und ich bekomme Panik. Ich versuche ihm zu erklären, dass es ganz allein meine Niederlage ist, wenn heute keiner zur Lesung kommt, doch er schaut mich nur an und schüttelt den Kopf und nimmt mich in die Arme. Noch zweieinhalb Stunden bis zur Lesung, die Panik in mir wird immer stärker.
Meine altgewohnte Methode, um Nervosität zu bekämpfen, ist immer, sich mit irgendetwas ganz Anderem zu beschäftigen. Ich gehe also in die Küche und beginne zu kochen. Nicht lachen, ich weiß schon lange, dass ich einen Vogel habe.
Die Kürbiscremesuppe mit Curryschaum wird hervorragend, vielleicht ein bisserl scharf durch die frisch geernteten Chillischoten von meinem Strauch im Garten, aber genau das Richtige für die jetzige Situation. Mein Mann verweigert die Nahrungsaufnahme, ich strafe die zwischenzeitlich sorgfältig vorbereiteten Unterlagen zur Lesung mit Verachtung und ignoriere sie.
Noch eineinhalb Stunden bis zur Lesung. Ich gehe mich duschen, trage die Gesichtscreme auf, wundere mich über das leichte Brennen auf der Haut, denke mir jedoch nichts dabei. Erst als ich die Augenpartie betupfe und meine Augen mit Brennen und Tränen reagieren, fällt mir ein, dass ich zuvor die Messer mit denen ich die Chillischoten geschnitten habe, gewaschen und weggeräumt hatte. Ein rotäugiges Monster blickt mich aus dem Spiegel an. Ich spüle die Augen mit Augentropfen, hoffe, dass der Tränenfluss wieder aufhört und ziehe mich an. Noch eine Stunde bis zur Lesung.
Es läutet an der Tür, Bekannte von uns stehen da und fragen, ob wir sie mit dem Auto zur Lesung mitnehmen können. Ich sage, dass wir in einer Viertelstunde abfahren werden, bin froh dass meine Augen aufgehört haben zu Tränen, und anscheinend wenigstens zwei Zuhörer da sein werden.
Noch eine halbe Stunde bis zum Beginn der Lesung. Der Besitzer des Lokals begrüßt uns freundlich. Ich sehe die sorgfältig hergerichteten Sektgläser, die unendliche Leere des Gastgartens und einen Blumenstrauß, noch in Cellophan verpackt, auf einem der Tische stehen. „Sehr aufmerksam von den Betreibern des Lokals“ denke ich mir und bestelle mir einen Kaffee um die Stille zu überbrücken. Ich glaube, noch nie im meinem Leben habe ich mich so einsam und verlassen gefühlt.
Der Lokalbesitzer kommt, bringt mir den Kaffee und auch den Blumenstrauß mit den Worten „der wurde heute für sie abgegeben.“ Ich öffne die beigelegte Grußkarte und lese herzliche Grüße von einem, mir nur durch das Internet bekannten Freund aus dem Forum. „Wünsche Dir alles erdenklich Gute. Dein Wiener Freund Peter55.“ Ich bin zu Tränen gerührt.
Eine Dame betritt das Lokal. Ich kenne sie nicht, doch sie kommt auf mich zu, und ich befürchte, dass sie mich jetzt gleich fragen wird, ob ich ihr ein Häferl Kaffee und ein Glas Wasser servieren kann. Doch sie lächelt mich an, trägt stolz ein Exemplar meines ersten Romans „Die Frauen der Schonbergs“ in ihren Händen und fragt mich, ob sie zur Autorenlesung bleiben könne. Ich bin sprachlos.
Es ist kurz vor 16:00 Uhr. Meine Freundin ist mit einem tollen Blumestrauß gekommen, zwinkert mir aufmunternd zu, erinnert mich daran, was sie mir vor ein paar Tagen gesagt hatte. Nach und nach strömen Menschen in den Garten. Ich sehe zwischen bekannten Gesichtern auch Fremde und werde plötzlich ganz ruhig. „Alles wird gut“ denke ich mir und beginne, nachdem ich gesehen habe, dass alle mit einem Glas Sekt versorgt wurden mit der Lesung.
Der Rest ist schnell erzählt. Ich habe den Text ohne wirkliche Holperer lesen können, wurde manchmal von herzlichem Lachen unterbrochen, sah in zustimmend nickende Gesichter und hatte plötzlich das Gefühl im Kreis von Freunden zu sitzen. Nur ein bisserl, aber nur ganz hinten in meinem Kopf, war die Enttäuschung, dass die Betreiber des Forums und die wichtigen Moderatoren nicht anwesend waren, denn eigentlich hatte ich dieses Buch ja dem Forum gewidmet. Aber sonst war es ein unglaublich schöner Nachmittag, der doch bis fast 8 Uhr gedauert hat.
Weitere Auszüge aus dem „Tagebuch einer Autorin“ könnt ihr ab 1. November unter www.autoren-online.at lesen.
Samstag, 24. Oktober 2009
Der Tag der Lesung ist angebrochen und nachdem ich am Freitag keine Lust mehr hatte an meinem Konzept für die Lesung zu arbeiten, bin ich halt ein bisserl früher aufgestanden um es fertig zu stellen. Hatte das Problem, dass ich das Manuskript ja schon vor mehr als einem halben Jahr abgeschlossen hatte und mich erst wieder einlesen musste um die geeigneten Textstellen herauszusuchen.
Ich glaube, es war kurz vor 10 als das Telefon läutete und ein Ehepaar, mit dem ich fest gerechnet hatte, ihr Kommen absagte. Sie hätten eine lange Nacht hinter sich gebracht, meinten sie und würden den Nachmittag zum Ruhen brauchen. Na toll, aber ich kann´s nicht ändern.
Ungefähr eine Stunde später läutet das Telefon wieder, ein Ehepaar aus dem Süden will „nur auf einen Sprung“ bei uns vorbeikommen, da sie Nachmittag nicht zur Lesung kommen können, da ihre Katze krank sei und sie das Katzentier soeben in der Tierklinik besucht hätten. Meinen Einwand, dass ich jetzt kein Hirn dafür habe mich mit quälendem Smalltalk zu beschäftigen, lässt mein Mann nicht gelten. „Sie wollen zwei Bücher mit Widmung kaufen“ sagt er mir.
Sie kommen auf „einen Sprung“ vorbei, machen es sich auf der Terrasse gemütlich, erzählen mir die unendliche Geschichte ihrer Krankheiten und den dramatisierten Sonntagsroman über ihre Katze und wie „effauschiert“ sie über die Kommentare Dieter Bohlens bei irgendeiner Show sind. Nach einer Stunde ersuche ich sie zu gehen, da ich eigentlich noch etwas vorzubereiten habe.
Zwischenzeitlich ruft mich die Gattin des Forumsbetreibers an um mir zu erzählen, dass ihr Hund krank sei und sie deshalb nicht zur Lesung kommen können. Und ich – ich würde am liebsten alles hinschmeißen. Ich sehe mich schon allein in dem liebevoll hergerichteten Gastgarten, umgeben von unzähligen, wohl gefüllten Sektgläsern, die ich alle ganz allein trinken muss.
Mein Mann ist ganz still geworden, schleicht wie ein begossener Pudel durch das Haus und selbst auf meine Frage, ob er noch etwas essen möchte antwortet er nur einsilbig „nein“. Er fährt zu dem Lokal um nachzusehen, ob wenigstens dort alles vorbereitet sei, kommt zurück, etwas blass um die Nasenspitze, versichert mir jedoch dass im „La Pergola“ alles in Ordnung sei. Ich ersuche ihn, dass er seinen Zuckerwert messen möge, er tut es, kommt mit der Botschaft „na toll – 220“ und ich bekomme Panik. Ich versuche ihm zu erklären, dass es ganz allein meine Niederlage ist, wenn heute keiner zur Lesung kommt, doch er schaut mich nur an und schüttelt den Kopf und nimmt mich in die Arme. Noch zweieinhalb Stunden bis zur Lesung, die Panik in mir wird immer stärker.
Meine altgewohnte Methode, um Nervosität zu bekämpfen, ist immer, sich mit irgendetwas ganz Anderem zu beschäftigen. Ich gehe also in die Küche und beginne zu kochen. Nicht lachen, ich weiß schon lange, dass ich einen Vogel habe.
Die Kürbiscremesuppe mit Curryschaum wird hervorragend, vielleicht ein bisserl scharf durch die frisch geernteten Chillischoten von meinem Strauch im Garten, aber genau das Richtige für die jetzige Situation. Mein Mann verweigert die Nahrungsaufnahme, ich strafe die zwischenzeitlich sorgfältig vorbereiteten Unterlagen zur Lesung mit Verachtung und ignoriere sie.
Noch eineinhalb Stunden bis zur Lesung. Ich gehe mich duschen, trage die Gesichtscreme auf, wundere mich über das leichte Brennen auf der Haut, denke mir jedoch nichts dabei. Erst als ich die Augenpartie betupfe und meine Augen mit Brennen und Tränen reagieren, fällt mir ein, dass ich zuvor die Messer mit denen ich die Chillischoten geschnitten habe, gewaschen und weggeräumt hatte. Ein rotäugiges Monster blickt mich aus dem Spiegel an. Ich spüle die Augen mit Augentropfen, hoffe, dass der Tränenfluss wieder aufhört und ziehe mich an. Noch eine Stunde bis zur Lesung.
Es läutet an der Tür, Bekannte von uns stehen da und fragen, ob wir sie mit dem Auto zur Lesung mitnehmen können. Ich sage, dass wir in einer Viertelstunde abfahren werden, bin froh dass meine Augen aufgehört haben zu Tränen, und anscheinend wenigstens zwei Zuhörer da sein werden.
Noch eine halbe Stunde bis zum Beginn der Lesung. Der Besitzer des Lokals begrüßt uns freundlich. Ich sehe die sorgfältig hergerichteten Sektgläser, die unendliche Leere des Gastgartens und einen Blumenstrauß, noch in Cellophan verpackt, auf einem der Tische stehen. „Sehr aufmerksam von den Betreibern des Lokals“ denke ich mir und bestelle mir einen Kaffee um die Stille zu überbrücken. Ich glaube, noch nie im meinem Leben habe ich mich so einsam und verlassen gefühlt.
Der Lokalbesitzer kommt, bringt mir den Kaffee und auch den Blumenstrauß mit den Worten „der wurde heute für sie abgegeben.“ Ich öffne die beigelegte Grußkarte und lese herzliche Grüße von einem, mir nur durch das Internet bekannten Freund aus dem Forum. „Wünsche Dir alles erdenklich Gute. Dein Wiener Freund Peter55.“ Ich bin zu Tränen gerührt.
Eine Dame betritt das Lokal. Ich kenne sie nicht, doch sie kommt auf mich zu, und ich befürchte, dass sie mich jetzt gleich fragen wird, ob ich ihr ein Häferl Kaffee und ein Glas Wasser servieren kann. Doch sie lächelt mich an, trägt stolz ein Exemplar meines ersten Romans „Die Frauen der Schonbergs“ in ihren Händen und fragt mich, ob sie zur Autorenlesung bleiben könne. Ich bin sprachlos.
Es ist kurz vor 16:00 Uhr. Meine Freundin ist mit einem tollen Blumestrauß gekommen, zwinkert mir aufmunternd zu, erinnert mich daran, was sie mir vor ein paar Tagen gesagt hatte. Nach und nach strömen Menschen in den Garten. Ich sehe zwischen bekannten Gesichtern auch Fremde und werde plötzlich ganz ruhig. „Alles wird gut“ denke ich mir und beginne, nachdem ich gesehen habe, dass alle mit einem Glas Sekt versorgt wurden mit der Lesung.
Der Rest ist schnell erzählt. Ich habe den Text ohne wirkliche Holperer lesen können, wurde manchmal von herzlichem Lachen unterbrochen, sah in zustimmend nickende Gesichter und hatte plötzlich das Gefühl im Kreis von Freunden zu sitzen. Nur ein bisserl, aber nur ganz hinten in meinem Kopf, war die Enttäuschung, dass die Betreiber des Forums und die wichtigen Moderatoren nicht anwesend waren, denn eigentlich hatte ich dieses Buch ja dem Forum gewidmet. Aber sonst war es ein unglaublich schöner Nachmittag, der doch bis fast 8 Uhr gedauert hat.
Weitere Auszüge aus dem „Tagebuch einer Autorin“ könnt ihr ab 1. November unter www.autoren-online.at lesen.
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