Der englische Reisende - Teil 1

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Der englische Reisende - Teil 1

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    #1

    Der englische Reisende - Teil 1

    Fliegen wird auch immer langweiliger. Und mit einer Titsa Busfahrt ist das schon mal gar nicht zu vergleichen!

    Alles in allem bringe ich es beruflich und privat so auf etwa 16 Fluege im Jahr und trotz Ryanair, Easyjet und anderen vielversprechenden Namen, ist noch nie irgend etwas Aufregendes geschehen, sieht man einmal von einer angekuendigten 45 Minuten Verspaetung mit BMI BABY von Belfast zurueck nach London ab, die dann in einer 6-minuetigen Verfruehung endete. Zur Belohnung fuer den Piloten und um die Reisenden auf akzeptable Herzfrequenz zu bringen, gab es ueber den Bordlautsprecher - vergleichbar mit der aetzenden Ryanair-Fanfare - ein droehnendes "Yeah, Baby!!!" Und so hoffe ich denn instaendigst, dass heute mal etwas Spannendes passiert. Unwetter in England mit Notaufenthalt in Frankreich oder wenigstens, dass meine Riesenration klebrigen Toruns im Koffer als Plastiksprengstoff identifiziert wird. Vorsichtshalber stecke ich mir schon mal eine Broschuere "Your rights as a passenger travelling by air" in die Tasche und male mir aus, was ich mit den €600 machen werde, die die mir gefaelligst in hartem Cash hinzublaettern haben.

    Titsa sei Dank war ich gestern um 16:00 Uhr fast 3.5 Stunden zu frueh am Flughafen Tenerife Sur. Gaebe es nicht verschiedene Flughaefen im Empire, koennte ich auf Anzeigetafeln verzichten, meine englischen Landsleute finde ich mittlerweile blind und ohne jegliche Hilfestellung. Und ein paar waren schon versammelt, sassen vor Bergen an Koffern lustlos auf den Baenken vor den Schaltern und beaeugten mich als Neuankoemmling argwoehnisch. "London Luton 11 Grad" sagt die Anzeige, na ja, koennte schlimmer kommen: Stuttgart hat Minus 2.

    Ich pendele mehrfach zwischen Curtado, Kippe und Klo und beizeiten fuellen sich die Baenke immer mehr. Die Reinigungskraefte, die mit Abfallbeuteln und Putzwagen umherirren, bringen immer wieder Leben und Abwechslung in die Truppe. Gnaden- und ausnahmslos werden sie Verhoeren unterzogen, wann denn nun endlich das Check-In beginne, gefolgt von aergerlichem Kopfschuetteln und Verbreiten der Neuigkeit, dass die nicht einmal Englisch koennen. Im Gegensatz zum Heimatland sind Englaender im Ausland aeusserst gespraechig und kehren zu ihren Unterhaltungen zurueck, welcher englische Pub in Los Christianos das beste "landestypische" Essen anboete.

    Im Sueden muss es ganz sicher zum 1. Advent ein Sonderangebot der Frisuerinnung fuer Dauerwellen im Einheitslook und grau-silbern glaenzender Farbe gegeben haben. Um mich herum das "Schneeparadies", sogar bei einigen Maennern!

    Zeit, mich von der Idee zu verabschieden, dass die allerschoenste Frau des Fluges den Platz neben mir bekommen und quasi als Bordprogramm tiefe Einblicke in ihre Anatomie gewaehren wird. Im Augenblick sieht es allerdings eher nach hoeflichem kuenstlichen Gebiss aufheben aus, das beim Verzehr der Bordverpflegung eigene Wege geht, und das sollte sich auch nicht mehr aendern. Alle englischen Schoenheiten, so muss ich erkennen, fliegen entweder nach Newcastle oder mit Ryanair, die 20 Minuten vor uns gen Luton abheben. Einzige Unterhaltung bieten zwei etwa sechzehnjaehrige Teenies, die im Schlafanzug mit Einblick wild kichernd Textmessages senden und empfangen: Tipp, tipp, tipp, kicher, kicher, kicher, piep, piep, piep, kicher kicher, kicher. Und so weiter. Unabhaengige Forschung hat ergeben, dass englische Teenies in Lichtgeschwindigkeit Nachrichten auf einem Mobiltelefon verfassen koennen, bei der Benutzung von Kugelschreibern und Papier, geschweige denn Computern, an ihre aeussersten Grenzen stossen. Meine haben den Intelligenzquotienten: Sooo lustig, dass wir die gleichen Plaetze wie beim Hinflug haben!!! Kicher, Kicher!!!

    Englische "Hoer Ma!'s" heissen uebrigens "Darling, Love oder Sweetie", wobei das universell auf beide Geschlechter anwendbar ist. Curtado, Kippe und Klo - dann ist es an der Zeit, Euch zu erklaeren, wie man die ganz toll und mit einfachsten Mitteln aergern kann ...
    Zuletzt geändert von Jurgen B; 30.11.2011, 15:11.

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    #2
    Der englische Reisende - Teil 2

    Ladies & Gentlemen, die Buehne ist gerichtet zum froehlichen Englaender aergern in mehreren Akten, mehrfach erprobt und bewaehrt sowohl in Tenerife Sur und Los Rodeos

    Szenenbild: Alle sitzen ungeduldig auf den Baenken vor den Check-In Schaltern. Zwar wissen die Akteure von den Anzeigetafeln im Terminal, dass wir an Schalter 24 und 25 abgefertigt werden, da tut sich aber noch gar nichts und auch der Flug ist noch nicht angezeigt. Der Vorhang hebt sich ...

    1. Akt: Geraeuschvoll erhebe ich mich von meinem Sitz, schultere meinen Rucksack und schiebe meinen Koffer und mich moeglichst theatralisch in Pole Position vor Schalter 24. Die Menge wird merklich unruhig; habe ich etwas bemerkt, was ihnen entgangen ist? Nach etwa 45 Sekunden kraeht so eine englische Residenten-Schnepfe vom 2. Rang herueber: "Der Schalter ist aber nur fuer Gold Card Inhaber!!! Hallo, hoeren Sie mich???" Nein, tue ich nicht, wenn Du etwas willst, befoerdere Deinen Weihnachtsbaum behaengten und kosmetisch runderneuerten Luxuskoerper mal etwas naeher. Kein Problem, Oma packt ihre Sachen zusammen und baut sich neben mir auf: "Gold Card Holders only!!!" Mir kommen Zweifel: sehe ich wirklich so erbaermlich aus, als kaeme ich fuer eine Gold Card nicht in Betracht? Wohlwissend, dass Gold Cards und Express Drop Off fuer Bordkarteninhaber bei der Fluggesellschaft am gleichen Schalter abgefertigt werden, laechele ich ihr freundlich zu und verteidige meine Position mit einem Schritt nach vorne. Ich habe einen neuen Feind gewonnen!

    2. Akt: Nun springen aber alle Akteure auf und etwas typisch englisches vollzieht sich. Das ordnungsgemaesse Bilden einer Schlange. So stehen wir eine Weile herum und geniessen das mehrsprachige Unterhaltungsprogramm des Flughafens: "Gemaess Gesetz 26 Strich 2005 vom 26.November ist das Rauchen im Flughafengebaeude nicht erlaubt!"

    Der Vorhang senkt sich, aber nur zur Pause ...
    Zuletzt geändert von Jurgen B; 30.11.2011, 16:20.

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      #3
      ... herrlich, *lach. Weiter ...
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        #4
        Der englische Reisende - Teil 3

        Auszug aus Jurgen B's persoenlichen Teneriffa-Lexikon:

        Residenten-Schnepfe (weiblich):
        Vorwiegend im englischen Sprachraum anzutreffen; gehobenen Alters mit nicht korrespondierender Frisur; erhoehen Koerpergewicht signifikant und typischerweise durch Unmengen an Schminke und (vorwiegend echtem) Schmuck; zuweilen wurden 4711-aehnliche Ausduenstungen beschrieben. Edel-Schnepfen residieren vorzugsweise in Los Gigantes; leben in der Regel vom Erbe Ihres verstorbenen Mannes, ergaenzt durch eine schmale englische Pension. Fliegen zwei Mal jaehrlich nach England, um sich unaufgefordert in die Angelegenheiten ihrer Soehne und Schwiegertoechter einzumischen, wobei dieses beim Einchecken am Flughafen schon mal geprobt wird.
        Zuletzt geändert von Jurgen B; 30.11.2011, 16:48.

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          #5
          "Merry X-Mas, Mom is back !"
          ******************************************

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          Nein, nichts Neues !

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            #6
            ... auch wenn ich mich köstlich amüsiere, so habe ich doch nichts gegen Engländer! Zum Ausgleich darf sich ein Engländer über meine kulturellen Eigenarten auslassen. So könnten wir - wie verbindend - gemeinsam lachen.
            .

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              #7
              Der englische Reisende - Teil 4

              Bis zum Einchecken konnte es nun nicht mehr lange dauern und nach 10 sehr schoenen Tagen in und um Puerto schlich sich nun doch etwas Melancholie ein. Warum nur hatte sich Kaleika meinem innigsten Ansinnen, Fellnase fuer sechs Monate in mein englisches Austauschprogramm aufzunehmen, widersetzt? Auch meine hartnaeckigen und wiederholten Versuche, Fellnase's Punkfrisur auf Englisch umzustylen, hatten nicht ihre Billigung gefunden. Der Guru hatte zu Fellnase's zeitweiliger Umsiedlung keine rechte Meinung; ob er die ueberhaupt bemerkt haette, sei mal dahingestellt.

              "Was wohl mit uns heute geschieht?", hoerte ich eine Stimme hinter mir. Und auf meinen fragenden Blick, erklaerte mir ein englischer Gentleman, dass ab Mitternacht der gesamte oeffentliche Dienst in England streike, ob ich das denn nicht in der Zeitung gelesen haette. Wir wuerden um 23.55 Uhr landen, das koenne moeglicherweise Probleme bei der Passkontrolle geben! Ich verschwieg ihm lieber, dass sich meine Urlaubslektuere zeitungsmaessig in den letzten 10 Tagen auf Wochenspiegel , Kanarenexpress und - Schande ueber mein Haupt - HSV Spielberichte in der Bild Zeitung beschraenkten; dunkel daemmerte es mir aber, dass ich vor 4 Wochen schon alle meine englischen Arbeitskolleginnen darauf hingewiesen hatte, fuer alternative Kinderbetreuung zu sorgen.

              Ha, wurde mein Flug doch noch spannend? Und wenn meine neue Feindin mit ihrer Freundin vom gemeinschaftlichen Klobesuch zurueck kaeme, wuerde ich ihr erzaehlen, dass alle Gold Card Holder sich an Schalter 64 Hotelgutscheine fuer heute Nacht abholen koennten!!!

              "Kommen Sie aus Holland?", fragte mich der Mann, sichtlich um ein Gespraech bemueht. So eine Frage aus dem Mund eines Englaenders ist immer Alarmstufe rot, denn sobald Deutschland erwaehnt wird, ergiesst sich eine unendliche Story, wie toll Deutschland doch waere, sie waren da stationiert gewesen, manche im Krieg, schoenes Land, was fuer Bier; das geht dann endlos so weiter. Sehr freundlich zwar, aber nach 16 Jahren England haengt mir das sonstwo heraus.

              Gluecklicherweise tauchte nun das Eincheck Personal auf. Zwar hatte ich fuer das Privileg, mir vorab einen Sitzplatz zu waehlen und bereits eine Bordkarte auszudrucken bezahlt, aber Senor gab mir dennoch eine neue, man weiss ja nie ...

              Was uebrigens auch Spass macht: Bordkarte einstecken, noch eine rauchen gehen und dann majestaetisch winkend an einem benachbarten unbesetzten Schalter einfach durchzulaufen. Finden Englaender auch nicht so witzig, sondern hoechstverdaechtig.

              Ab durch die Sicherheitskontrolle; alles was auf meinem Hinflug in England auf das Genaueste untersucht wurde, interessierte hier keinen. Und so konnte ich mich - neben dem Englaender auf Teneriffa aergern - nun auf meine zweitliebste Airportbeschaeftigung konzentrieren!

              Die da waere ...
              Zuletzt geändert von Jurgen B; 30.11.2011, 18:06.

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                #8
                Zitat von Perenquen Beitrag anzeigen
                ... auch wenn ich mich köstlich amüsiere, so habe ich doch nichts gegen Engländer! Zum Ausgleich darf sich ein Engländer über meine kulturellen Eigenarten auslassen. So könnten wir - wie verbindend - gemeinsam lachen.
                Ich lebe seit 16 Jahren in UK, so dass hoffentlich klar ist, wie das alles gemeint ist

                Und meine deutschen Freunde sind hier zu finden:

                http://www.forumteneriffa.de/tenerif...in-parada.html

                Vielleicht uebersetze ich das ja mal ins Englische

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                  #9
                  ... das ist mir schon klar, Jürgen. Mach bitte weiter, *freu
                  .

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                    #10
                    Jurgen, Dich würde ich mal gerne persönlich kennen lernen
                    Ein Lächeln kostet nix, darum lächle jeden Tag

                    Liebe Grüße

                    Eva

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                      #11
                      Ja, nicht? Nur nicht im Bus hinter ihm sitzend, sonst ist man nachher Hauptdarsteller(in) seiner Geschichten in Forum....
                      Manche Menschen wollen immer nur glänzen,
                      obwohl sie keinen Schimmer haben.
                      Heinz Erhardt

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                        #12
                        Zitat von VIRGINIA Beitrag anzeigen
                        Ja, nicht? Nur nicht im Bus hinter ihm sitzend, sonst ist man nachher Hauptdarsteller(in) seiner Geschichten in Forum....
                        Ein Lächeln kostet nix, darum lächle jeden Tag

                        Liebe Grüße

                        Eva

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                          #13
                          kicher

                          einfach köstlich, dein Bericht

                          seid gegrüßtvon Lisa

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